WiFi Sensing - Bewegungserkennung mittels WLAN
Das man über WLAN in das Internet geht ist bekannt. Das man mit WLAN eine Bewegungserkennung, das sogenannte WiFi Sensing, realisieren kann weiß so gut wie niemand. Und WiFi Sensing hat durchaus das Potential mit anderen Technologien zur Bewegungserkennung Schritt zu halten. WiFi Sensing, dass beinhaltet die grundlegende Erkennung von Bewegung, aber auch die genauere Erkennung von Größe, Aufenthaltsort und Geschwindigkeit eines bewegenden Objektes. Selbst ausgeführte Gesten, selbst die Bewegung durch die Atmung können erkannt werden.
Und sobald WiFi Sensing im eh vorhandenen WLAN-Router und den WLAN-Endgeräten eingebaut ist, dann funktioniert das ganze ohne das man sich zu Hause weitere Geräte anschaffen und installieren muss.
Anwendungen kommen einem schnell in den Sinn, wie ein Einbruchs-Melder, Messung der Schlafqualität, Rückmeldung ob die Kinder auch wirklich pünktlich im Bett sind, automatischer Notfall-Melder für Senioren, Eingabe für Fitness-Apps, automatisiertes ein-/ausschalten von Raumbeleuchtung, und, und, und. Manch einem mag aber auch mulmig bei dem Gedanken werden, ob man nicht vielleicht hinter seinem Rücken überwacht wird.
Dazu später mehr, folgend Informationen wie das WiFi Sensing prinzipiell funktioniert
Konzept des WiFi Sensing
Wenn Sie sich bewegen gleich ob laufen, schwimmen oder Fahrradfahren, dann verursacht Ihre Bewegung Luftströmungen, Geräusche (Schallwellen), im Wasser Wellenbewegungen. Würden jetzt Sensoren diese Veränderungen in der Umgebung aufzeichnen und auswerten, dann könnte man ein genaueres Profil der Bewegungen ermitteln.
Grob dieser Analogie funktioniert das WiFi Sensing. Nur werden hier die elektromagnetischen Wellen von WLAN-Signalen ausgewertet.
In einem modernen WLAN-Gerät werden schon heute die empfangenen Signale beständig tief gehend analysiert. Signallaufzeiten werden ermittelt, potentielle Störsignale ausgemessen, Veränderung in der Signaldämpfung detektiert, Signalreflektionen berechnet. Und das alles nicht nur für ein einzelnes WLAN-Signal sondern zeitgleich für viele. Den obwohl wir vielleicht nur einen WLAN-Router besitzen, beinhaltet dieser mehrere Antennen und sendet, empfängt parallel mehrere Signale. Der Begriff „Kanalzustandsinformationen” fasst das Resultat der Signalanalyse zusammen (engl.: Channel-State-Information, CSI).
Wenn sich jetzt Objekte durch die WLAN-Signale bewegen, dann verändert das den Kanalzustand. Organische Objekte, wie Menschen, sind dabei besonders gut geeignet um mit WLAN-Signalen zu interagieren, da diese größtenteils aus Wasser bestehen.
Die Kunst ist es jetzt diese veränderten Kanalzustandsinformationen in Bewegungsinformationen zu übersetzen. Hier wird auf Künstliche Intelligenz (KI) gesetzt. Intelligenz ist ein hochgestochenes Wort, doch, Stand heute, leistet die Technik schon erstaunliches wenn es um Mustererkennung geht. Und es erscheint plausibel das sich typische Bewegungen in typische Veränderungen der WLAN-Kanalzustandsinformationen niederschlagen und ein Muster erzeugen.
Erkannte Objekte, Bewegungen, Geschwindigkeiten, Größen, können jetzt als Eingabeparameter für die Eingangs skizzierten Anwendungen dienen.
Stand der Technik
Die obige Beschreibung mag simpel klingen, doch wie üblich ganz so einfach ist es dann doch nicht.
So existiert, stand heute, noch kein Standard für WiFi Sensing. Dieser ist zwar in Arbeit (IEEE801.11bf), die Finalisierung ist aber erst für 2024 geplant (Quelle 1). Ohne einen Standard mag es vorher proprietäre Einzelprodukte geben, eine weite Verbreitung ist aber nicht anzunehmen. Ein Grund für die Annahme, WLAN-Hersteller entwickeln in der Regel die benötigten Chips nicht selbst sondern beziehen diese extern. Die Chiphersteller dürften wiederum mit einer Entwicklung warten bis der Standard einigermaßen stabil ist.
Neben dieser eher formellen Herausforderung gibt es auch technische.
So gibt es einen Zusammenhang zwischen der Genauigkeit von erkannten Bewegungen und der Bandbreite eines WLAN-Signals (Quelle 2). Die Bandbreiten von bis zu 160Mhz der etablierten WLAN-Technologien reichen nur für eine relativ grobe Genauigkeit. Auf Frequenzbändern um die 60Ghz kann man zwar sehr breite Frequenzen von über 1GHz nutzen, doch ist dann die Reichweite der Signale niedrig und 60GHz-WLAN (IEEE802.11ad und ay) ist von der Verbreitung bislang ein Exot.
Um die Kanalzustandsinformationen zu interpretieren wird auf Künstliche Intelligenz gesetzt (Quelle 3). Es ist unwahrscheinlich das ein Heimrouter hierfür über genügend Rechenkapazität verfügt. Dementsprechend dürfte die Cloud zum Einsatz kommen. Sprich die Daten werden zu einem externen Rechenzentrum gesandt, dort interpretiert und dann zurück gesandt. Das mag technisch eine Lösung sein, bezüglich der Wahrung der Privatsphäre ist solch ein Ansatz problematisch.
Mit „Aura WiFi Motion” war ab 2017 ein für Endverbraucher gedachtes Produkt am Markt. „War” da ich dieses Produkt im aktuellen Handel nicht entdecken konnte, auch kein anderes Gerät welches auf WiFi Sensing basiert. Das Produkt zeigt aber, dass die Technologie im Grunde funktioniert.
WiFi Sensing in der Praxis
Die Eingangs erwähnten Anwendungen sind reale Anwendungen wie sie heute schon existieren. Der eigentliche Mehrwert liegt darin, dass keine zusätzlichen Geräte benötigt werden. Das spart Ressourcen, gleich ob nicht mehr benötigte Materialien in der Produktion, Energie für den Betrieb oder Ihre Zeit um sich um das nächste Gadget kümmern zu müssen. Des Weiteren kann WiFi Sensing die Zuverlässigkeit von Anwendungen erhöhen. So ist es eine Herausforderung bei Menschen, welche z.B. an Alzheimer erkrankt sind, dass diese Sensoren für eine Notfallerkennung bei sich tragen. Leider kann man nicht immer davon ausgehen, dass dies zuverlässig geschieht. Mittels WiFi Sensing könnte man nun Stürze erkennen, auch ohne das eine Person einen Sensor direkt bei sich trägt.
WiFi Sensing könnte sich auch für Virtual- oder Augmented-Reality eignen. Die Voraussetzung wäre dann aber eine hohe Genauigkeit der Erkennung von Bewegungen und damit der Einsatz sehr breiter Frequenzbänder. Diese stehen aber nur für Frequenzen um die 60Ghz zur Verfügung. Somit dürften die eh vorhandenen WLAN-Geräte nicht ausreichen und damit der Vorteil passe sein, das man WiFi Sensing ohne Zusatzgeräte verwenden kann.
Doch wo Licht da auch Schatten, denn genau die Möglichkeit über eine etablierte Technologie, welche eigentlich für einen ganz anderen Zweck eingesetzt wird, Zusatzinformationen zu gewinnen und zu verarbeiten, lässt WiFi Sensing auch als Bedrohung erscheinen. Man kennt es z.B. von Smart-TVs, diese übermitteln gerne das Sehprofil Ihrer Anwender an die Hersteller. Diese verkaufen die Informationen dann weiter an die Werbewirtschaft. Und nicht immer wird der Anwender nach dem Opt-In (explizite Zustimmung) Verfahren gefragt, ob er dieser Datenübermittlung zustimmt. Stattdessen wird gerne stillschweigend die Zustimmung des Anwenders angenommen. Die Möglichkeit des Widerspruchs findet sich irgendwo in den Tiefen einer Datenschutzerklärung, welche wahrscheinlich gar nicht erst vom Anwender gelesenen wurde (Quelle 4).
Ähnliches erscheint auch für WiFi Sensing nicht unrealistisch. Und wer Freude an noch dunkleren Szenarien hat, der kann sich ausmalen was man mit solch einer Technologie anfangen könnte, wenn es den der Überwachung von Mitarbeitern in einem Unternehmen oder Bürgern eines autokratischen Staates dient.
Fazit
Wieder einmal hat Technologie das Potential unser Leben positiv zu bereichern. Wieder einmal hat Technologie aber auch das Potential einen weiteren Baustein für eine immer dichtere Überwachung zu liefern. Um so mehr ist es geboten darüber zu informieren was möglich ist oder in ein paar Jahren möglich sein wird.
Die Kernfrage ist dabei, wie kann man die positiven Aspekte von Technologien wie WiFi Sensing zum Nutzen aller einsetzen und die negativen minimieren ?
Matthias (08.09.2022)
Quellen:
[1] https://standards.ieee.org/ieee/802.11bf/10365/
[2] https://beyondstandards.ieee.org/ieee-802-11bf-aims-to-enable-a-new-application-of-wlan-technology-wlan-sensing/
[3] https://www.electronicdesign.com/industrial-automation/article/21214331/electronic-design-wifi-sensing-the-next-big-wireless-movement
[4] https://www.datenschutzexperte.de/blog/datenschutz-im-alltag/smart-tv-datenschutz-wie-sicher-sind-ihre-daten/