Der Internetzugang über DSL
Dem Internetzugang über DSL (Digital Subscriber Line) kommt in Deutschland eine hohe Bedeutung zu, da die meisten Haushalte über einen ursprünglich für die Telefonie gedachten Teilnehmeranschluss verfügen, welcher typischerweise auf der sogenannten “letzen Meile” über Kupferdoppeladern geführt wird. Durch die Entwicklung besserer nachrichtentechnischer Verfahren für die Datenübertragung und stetig höheren Leistungen von benötigten elektronischen Komponenten, kann dieser Anschluss auch für die Datenübertragung genutzt werden, mit Datenraten welche (Stand 2019) von wenigen Mbit/s bis zu 250Mbit/s variieren können.
Notiz: Weiterentwicklungen von DSL mit Datenraten von bis zu ca. 1Gbit/s existieren. Schlagwort ist hier „G.fast“. Wann und ob DSL aber noch einmal ausgebaut wird ist mir nicht bekannt. Werden höhere Datenraten in der Zukunft nur noch über 5G, Koaxialkabel oder Glasfaser angeboten?
Dieses Kapitel konzentriert sich auf Informationen zu DSL, welche für den Endteilnehmer relevant sind. Damit können Sie zwischen verschiedenen Internetzugangstechnologien vergleichen und die Leistungsfähigkeit von DSL besser einschätzen. Hintergrund ist, dass der Internetzugang ein Dienst ist, welcher Ihnen von einem externen Internetanbieter (z.B. Telekom, Vodafone, O2) bereitgestellt wird. Sie können bis zu dem Netzabschlusspunkt nur innerhalb der von den externen Internetanbietern angebotenen Tarifen und Optionen Einfluss auf Ihren Internetzugang nehmen. Tiefe technische Details verwirren dann im Endeffekt mehr, als das Sie hilfreich sind, wenn man sich einen Überblick über Internetzugangstechnologien verschaffen möchte.
Das Internet entwickelt sich rasant und immer neue Anwendungen verlangen nach höheren Datenraten. Ein zweiter kontinuierlicher Trend ist, dass das Datennetz auch die Übertragungsplattform für Anwendungen wird, welche vorher noch über ein eigenes separates Netzwerk abgewickelt wurden. Diese Trends sind auch in der Entwicklung von DSL sichtbar. Zu einem werden mit immer neuen DSL Varianten Internetzugänge mit höheren Datenraten zur Verfügung gestellt, zum anderen wird die Telefonie als Anwendung von seinem eigenen Sprachnetz auf das Internet als Übertragungsplattform umgestellt.
Die folgende Grafik zeigt die Struktur des Zugangsnetzwerkes einmal in der „klassischen“ Variante, zum anderen in der „modernen“ Variante. Die Umstellung von der “klassischen” auf die “moderne” Variante ist bei den Internetanbietern von Internetzugängen und Telefonie in vollem Gange. Eng verknüpft mit dieser Umstellung ist auch das Schlagwort „Voice over IP (VoIP)“, was bedeutet, dass Ihre Telefongespräche nach einer Umstellung auf Voice over IP nicht mehr über das separate Sprachnetz, sondern auch über das Datennetz übertragen werden.
Es fällt auf, dass die Anzahl der Elemente bei der modernen Zugangsnetzstruktur stark reduziert ist. Diese Reduzierung der Komplexität, und letztlich somit auch der Kosten, ist ein wichtiger Grund für die Umstellung. Für Sie als Endteilnehmer bedeutet dies, dass Geräte wie der NTBA oder der Splitter nicht mehr benötigt werden. Auf der anderen Seite muss Ihr Internet-Router Voice over IP beherrschen. Gängige Produkte erlauben nicht nur die Anbindung von dedizierten IP Telefonen, sondern können auch existierende ISDN und analog Telefone auf Voice over IP wandeln. Dadurch, das Sprache vergleichsweise sensitiv ist bezüglich der Latenz, wird es auch wichtiger sicherzustellen, dass die durch Sprache generierten Daten Vorrang haben gegenüber z.B. dem herunterladen einer größeren Datei. Das Schlagwort für entsprechende Techniken ist „Quality of Services“, bzw „Priorisierung“. Die Priorisierung von Datenströmen wird von Ihrem Internet-Router durchgeführt, welcher üblicherweise auch Konfigurationsoptionen hierfür anbietet.
Die erste DSL Variante für den Privatkunden wurde Ende der 1990er Jahr angeboten. ADSL verband zu dieser Zeit oft nur einen PC mit dem Internet. Seitdem ist die Komplexität der Heimnetzwerke stark angestiegen und mit ADSL2/ADSL2+/VDSL/VDSL2/VDSL2-Vectoring/VDSL2-Super-Vectoring ist die theoretisch erreichbare Datenrate der angebotenen DSL Internetzugänge von 768kbit/s auf 250Mbit/s angestiegen. Allen DSL Varianten ist allerdings gemeinsam, dass sie die Teilnehmeranschlussleitung nutzen, welche ursprünglich für Telefondienste verlegt wurde. Um über dieses Kabel immer höhere Datenraten übertragen zu können, wurde und wird sich zweier Prinzipien bedient. Zu einem werden immer ausgefeiltere nachrichtentechnische Verfahren zur Übertragung eingesetzt. Zum anderen wird der DSLAM bzw. MSAN immer näher an den Endteilnehmer versetzt, um die Distanz der Teilnehmeranschlussleitung zu verkürzen und damit ein breiteres Frequenzband zur Übertragung ermöglicht. Das bedeutet leider, dass ohne einen entsprechenden Ausbau des Teilnehmeranschlussnetzes, neuere DSL Varianten je nach Distanz kaum oder keine Verbesserung im Sinne von höheren Datenraten bringen, bzw. neuere DSL Varianten gar nicht erst angeboten werden.
Notiz: Sie möchten mehr über VDSL2-Super-Vectoring erfahren? Dann können Sie den hier verlinkten Artikel aufrufen.
Die individuelle Leitungslänge und Eigenschaften der Teilnehmeranschlussleitung bestimmen auch, welche Datenrate in der Praxis überhaupt erreichbar ist. Dies spiegelt sich auch darin wieder das in den Angeboten mit “bis zu” x Mbit/s geworben wird. So können im schlechten Fall nur wenige Mbit/s erreicht werden. Bei kurzen Entfernungen Ihres Teilnehmeranschlusses zu dem entsprechenden DSLAM, werden die genannten maximalen Datenraten aber durchaus erreicht. Da auch bei DSL wie bei allen anderen Übertragungsverfahren die Nutzdaten in zusätzliche Protokolle und Kopfdaten eingebettet werden, ist die netto Datenrate nichtsdestotrotz auch hier niedriger. Nach grober Abschätzung dürfte die netto Datenrate bei 80-90% der brutto Datenrate liegen.
Eine andere gemeinsame Eigenschaft aller DSL Varianten ist, dass die Teilnehmeranschlussleitung, bis zum DSLAM, exklusiv von einem Endteilnehmer genutzt wird. Dies ist insofern bemerkenswert, als das bei Internetzugängen über Kabel, Mobilfunk und typischerweise auch Glasfaser, schon die Anschlussleitung gemeinsam von allen Endteilnehmern genutzt wird. Je nach Nutzungsverhalten der Endteilnehmer kann dies bei Kabel und Glasfaserkunden ebenfalls dazu führen, dass die netto Datenrate zeitweise unter der beworbenen Datenrate liegt. Da spätestens mit der Verbindung des DSLAMs Richtung Internet auch eine Vielzahl von Teilnehmern gemeinsam eine Leitung nutzen, lässt sich allerdings hieraus kein finaler Schluss treffen, ob die Architektur von DSL oder Kabel/Glasfaser besser ist. Die endgültige Leistung hängt sehr individuell davon ab wie viele Teilnehmer, mit welchem Nutzungsverhalten auf eine gemeinsame Leitung mit einer bestimmten Datenrate geschaltet werden. Diese Informationen behalten üblicherweise die Internetanbieter für sich. Hauptpunkt ist jedoch, dass eine gut dimensionierte DSL Netzarchitektur am Ende im Durchschnitt bessere Leistung bieten kann, als eine überbelegte Kabel-/Glasfaser Netzarchitektur und natürlich auch umgekehrt.
Falls Sie gerne Online unter Wettbewerbsbedingungen spielen, dann kann eine niedrige Latenz dafür sorgen, das Ihre abgesetzten Kommandos nicht ein paar ms zu spät eintreffen. Für die Latenz spielt nicht nur die Datenrate an sich eine große Rolle, sondern bei DSL auch das “Interleaving”. Interleaving sorgt dafür das Daten über einen größeren Bereich im Datenstrom verteilt werden, damit können Verfahren zur Fehlerkorrektur besser greifen. Nachteilig wirkt sich Interleaving jedoch auf die Latenz aus. Je nach Interleavingtiefe kann sich die Latenz um einen bis zu einem niedrigen 2stelligen ms Wert erhöhen, was durchaus dazu führen kann, dass beim Wechsel auf eine neue DSL Variante mit höherer Datenrate die Latenz auf einmal etwas steigt. Falls Sie Wert auf eine optimale Latenz legen, dann ist es einen Versuch wert sich zu erkundigen inwieweit verschiedene Internetanbieter, bereit sind bzw. in der Lage sind eine niedrige Interleavingtiefe zu konfigurieren oder Anschlüsse ohne Interleaving anbieten. Mit der ADSL2+ Variante laufen Anschlüsse, welche kein Interleaving benutzen unter dem Schlagwort “fast path”.
Abschließend noch eine Tabelle mit den in Deutschland eingesetzten DSL Varianten für Privatkunden und den dazugehörigen brutto Datenraten (nach Up- und Downlink getrennt), welche unter guten Bedingungen erreichbar sind und von DSL Internetanbietern in Deutschland angeboten werden.
Vergleichskriterium | ADSL2+ | VDSL2 | VDSL2-Vectoring | VDSL2-Super-Vectoring |
---|---|---|---|---|
brutto Datenrate Downlink | 6/16 Mbit/s | 25/50 Mbit/s | 100 Mbit/s | 250 Mbit/s |
brutto Datenrate Uplink | 0,5/1/2 Mbit/s | 5/10 Mbit/s | 40 Mbit/s | 100 Mbit/s |
Neben den DSL Varianten an sich wird auch noch zwischen Zusätzen (sogenanntem Annex) unterschieden, welche die Zusammenarbeit zwischen einem separaten Telefonnetz (Analog oder ISDN) und DSL definieren. Darüber ergibt sich auch implizit wie viel Bandbreite für den Uplink zur Verfügung steht. Das in Deutschland weit verbreitete Annex B (DSL mit analoger/ISDN Telefonleitung) wird im Zusammenhang mit der Einführung von Voice over IP, von Annex J abgelöst, da kein separates Frequenzband mehr für das analoge/ISDN Telefonnetz reserviert sein muss.
Notiz: Ein kleiner Vorteil für ADSL2+ Endkunden, welche Ihren Telefondienst schon mit Voice over IP (Annex J ohne Splitter) betreiben. In diesem Fall kann die freigewordene Kapazität im Frequenzband der Teilnehmeranschlussleitung dafür genutzt werden die Datenrate in Uplink auf 2Mbit/s zu erhöhen.
Notiz: Seit August 2016 ist der sogenannte “Routerzwang” entfallen. Dadurch hat sich der Netzabschlusspunkt, bis zu dem der externe Internetanbieter verantwortlich war, verschoben und Sie können frei Ihren Internet-Router mit integriertem DSL Modem nach Wunsch wählen.